Das Buch „Slenderman und Smile Dog: Creepypasta und Großstadtlegenden“ von Petra Cnyrim behandelt, wie der Name schon sagt, Creepypasta und moderne Legenden. Was genau ist das? Beide Ausdrücke beziehen sich auf meist kurze Geschichten, überwiegend von unheimlicher und/oder verstörender Art, die heutzutage ganz in der Art alter Geistergeschichten in der Bevölkerung kursieren. Von so manchen mag man schon gehört haben, und sei es in Form einer Bearbeitung in einem Film. Andere wiederum sind bekannt und werden mitunter sogar für wahr gehalten, bis man sie einmal in einer solchen Sammlung entdeckt – es sind die typischen Geschichten, die man „vom Freund eines Freundes gehört“ hat. Der Begriff „Creepypasta“ hat sich vor allem für solche modernen Legenden eingebürgert, die sich durch das Internet verbreiten (hierbei ist die Glaubwürdigkeit üblicherweise auch geringer).
Das vorliegende Buch vereint unzählige davon. Am bekanntesten dürfte der „Slenderman“ sein – nicht umsonst in Titel und Cover vorhanden – zu dem gleich mehrere Geschichten dargestellt werden. Es folgen zahlreiche andere, sei es die von „Jeff the Killer“, einem mörderischen Jungen von seltsamer Natur, vom „Smile Dog“, einer verhängnisvollen Computerdatei, von geisterhaften Anhaltern und der besessenen Puppe Annabelle (unlängst verfilmt). Dies sind nur einige der bekanntesten Geschichten – von den meisten wird man noch nie etwas gehört haben. Tatsächlich findet sich in dem Buch (seltsamerweise mit Ausnahme der Geschichte vom Hakenmann, der wohl bekanntesten urbanen Legende) jede solche Geschichte, die mir bisher bekannt war. Allesamt sind sie recht kurz und zusammenfassend geschrieben, eben klassischerweise pseudoauthentische, oft mündlich und/oder in diverser Variation weitergegebene Erzählungen, keine literarischen Kurzgeschichten. Nichtsdestotrotz ist die Wirkung nur allzu groß, vielleicht eben wegen dieser scheinbaren bzw. möglichen Echtheit der Berichte. Der „Gruselfaktor“ war bei mir dementsprechend sogar wesentlich höher als bei klassischen Horrorgeschichten, die bei mir meist gar keine emotionale Reaktion auslösen (außer vielleicht Ekel, nicht aber wirklichen Horror). Für all jene, die gerne Gruselgeschichten lesen und sich davon nicht abschrecken lassen, ist dieses Buch somit ein absolutes Muss, bietet es doch unheimliches Schaudern und zudem so etwas wie Allgemeinbildung, denn das sind diese Geschichten mitunter.
Bei manchen Sammlungen solcher Erzählungen, die ich bisher gelesen habe, war die Qualität von Lektorat, Formatierung etc. bescheiden, ja geradezu amateurhaft – dies aber trifft auf das vorliegende Buch nicht zu. Einziger Minuspunkt ist, dass es kein Inhaltsverzeichnis der einzelnen Geschichten gibt, man diese also durch Blättern oder (beim e-book) die Suche nach Begriffen finden muss, will man einmal etwas nachschlagen. Davon abgesehen nichts auszusetzen.
Fazit: mitunter wirklich unheimlich, gut gemachte Auflistung aller wichtigen und einiger unwichtiger Großstadtlegenden & Creepypastas. Aber ein richtiges Inhaltsverzeichnis wäre nett (und wenn man schon dabei ist – wieso fehlt die Geschichte vom Hakenmann?).