Hellraiser

Einer der großen Horrorfilmklassiker ist zweifellos „Hellraiser“ – nach Wikipedia ein „Meilenstein des Horrorkinos“, bis 2013 in Deutschland indiziert, erst seit 2011 überhaupt in der ungeschnittenen Fassung erhältlich. Weniger bekannt ist, dass der Film auf einer Novelle Clive Barkers basiert, welcher beim ersten Teil der Filmreihe auch Regie führte. Um ebendiese Novelle (auch unter dem Namen „Das Tor zur Hölle“ veröffentlicht, im Original „The Hellbound Heart“) geht es hier.
Mit 128 Seiten ist das Werk sehr überschaubar und problemlos in einem Zug durchzulesen, von einem Roman ist nicht zu sprechen. Die Handlung entspricht der des Films nahezu komplett; sämtliche Unterschiede sind trivialer Art: Frank Cotton, aller weltlichen Erfahrungen überdrüssig, verwendet einen magischen Würfel, die „Lemarchands Box“, um Kontakt mit den in einer anderen Dimension beheimateten Zenobiten aufzunehmen. Bei diesen handelt es sich um eine Art sadomasochistisch veranlagte Dämonen, die, selbst grässlich entstellt, einen jeden, der sie absichtlich oder versehentlich ruft, auf furchtbarste Weise zu Grunde richten. So ergeht es auch Frank, der in die Dimension der Zenobiten gezogen wird und dort mehr oder weniger zu Tode kommt. Einige Zeit später ziehen sein Bruder Rory und seine Frau Julia in das alte Haus ein, wo das schreckliche Ritual vollzogen worden ist. Als Rory sich verletzt und sein Blut auf den Boden eines der oberen Zimmer tropft, erkennt Julia, dass Frank – mit dem sie vor langer Zeit eine Affäre hatte – noch immer in gewisser Weise anwesend ist. Sie, die ihren derzeitigen Ehemann nur verachtet und stattdessen den körperlosen Frank begehrt, beginnt nun, fremde Männer in das Haus zu locken und zu ermorden, damit sich Frank aus deren Blut wiederherstellen kann. Während jener sich also immer mehr zusammensetzt, kommt Kirsty, Rorys Tochter aus erster Ehe, dem Geheimnis auf die Spur. Und die Zenobiten haben natürlich auch noch ein Wörtchen mitzureden…
Wer sich von dem Buch neue Hintergründe zu der Filmreihe erhofft, wird unweigerlich enttäuscht werden, rekapituliert dieses doch nur dieselben Ereignisse (und nicht unbedingt umfangreicher). Insbesondere die Zenobiten bleiben recht vage beschrieben, ihr ikonischer Anführer „Pinhead“ taucht nur am Rande und ungenannt auf. Doch dies heißt nicht, der Konsum des Buches würde sich nicht lohnen. Unabhängig von den Filmen liegt hier eine solide Horrorgeschichte von einem der Meister des Genres vor, die auch heute noch hervorragend unterhält. Während andere Autoren ihre Wirkung oft aus dem bloßen Andeuten und langsamen Enthüllen des Grauens gewinnen, geht es bei Barker blutig, direkt und zuweilen obszön zu. Es wird einem mehr Splatter als unterschwelliges Grauen geboten, was jedoch nicht heißt, es handle sich um stupide Trash-Literatur. Die Story ist der Länge entsprechend gut konzipiert, die Charaktere recht interessant und besonders Clive Barkers individueller, oft sehr bildlicher Schreibstil weiß zu fesseln.
Ausdrücklich muss hier noch die Empfehlung ausgesprochen werden, sich die Ausgabe der Edition Phantasia (Phantasia Paperback Horror) anzuschaffen, da diese im Gegensatz zur broschierten Ausgabe des Heyne-Verlags ungekürzt und zudem mit einigen Originalillustrationen versehen ist. Schade nur, dass das Buch nur hin und wieder zu akzeptablen Preisen erhältlich ist – wenn ein solches Angebot in Sicht ist, heißt es zuschlagen! Besteht darüber hinaus noch Interesse an den Zenobiten, so ist die erst 2015 erschienene Romanfortsetzung „Das scharlachrote Evangelium“ (Festa-Verlag, 464 Seiten) zu empfehlen, auch wenn diese sich stilistisch und bezüglich der Handlung stark vom Original unterscheidet.

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