„Amerikkan Gotik“ – ja, in der Tat genau so geschrieben – ist eine Kurzgeschichtensammlung des deutschen Autors Markus K. Korb. Das Genre ist zweifellos Horror, auch wenn sich ganz bewusst auch einige gesellschaftskritische Ansätze finden lassen.
„Die schwarze Seite des amerikanischen Traums“ verspricht Korb – und enttäuscht damit nicht. 9 verschiedene Geschichten sind es – mal kurz, mal länger -, alle bis auf eine in thematischem Zusammenhang mit den USA. Jene eine, die aus der Reihe fällt, trägt den Titel „Prypjat Requiem“ und hat eine Reise in die entvölkerte Zone um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl zum Inhalt, die – wie könnte es auch anders sein – nicht ganz so endet, wie es der Besucher erwartet hat. Ansonsten finden sich recht verschiedene Themen in dem Band, seien es zum Beispiel Zombies und andere Untote oder aber außerirdische Sporen mit ungewöhnlicher Wirkung. Highlight sind zweifellos drei der längeren Geschichten: Die titelgebende Story „Amerikkan Gotik“ etwa hat unter anderem den weit verbreiteten – und doch oft unbeachteten – Rechtsextremismus in den USA zum Thema (was auch in „Abels Rückkehr“ angeschnitten wird). Erzählt ist sie aus der Sicht eines recht erfolgreichen Schriftstellers, der trotz idealistischer Ansätze fast seinem eigenen Stolz zum Opfer fällt – so sieht es zumindest sein Kontrahent. „Entfremdung“ indes thematisiert die Geschichte europäischer Einwanderer im frühen zwanzigsten Jahrhundert verbunden mit den massiven Ängsten der Einheimischen vor Überfremdung, welche sie auf grausige Art zu bekämpfen versuchen. Parallelen zur aktuellen Flüchtlingskrise drängen sich bei der Thematik zwangsläufig auf, auch wenn ich nicht beurteilen kann, ob dies beabsichtigt ist. Sehr gut ist auch die letzte Geschichte „Candyman Jack“, in der es um einige Waisenkinder geht, welche auf dem Bauernhof einer etwas eigenartigen Frau arbeiten müssen und bei Verfehlungen zur Strafe dem geheimnisvollen Mr. Jack ausgesetzt werden – hervorragend baut die Geschichte Spannung auf, indem bis zum Ende einige Fragen offengelassen werden, vor allem die nach dem genauen Vorgehen des „Candyman Jack“. Jener hat übrigens trotz phonetischer Ähnlichkeit nichts mit dem Candyman von Clive Barker oder der Handyman Jack-Reihe von F. Paul Wilson zu tun. Als einzige Geschichte des Buches konnte mich „Lost America“ nicht überzeugen. Zwar ist die Atmosphäre sehr gut gelungen und ein ernstes Thema explizit angesprochen – der Genozid an den Indianern – doch leider bleibt dabei das Verständnis der eigentlichen Handlung auf der Strecke.
Letztendlich ist das Buch sehr kurz(weilig) und somit innerhalb kürzester Zeit durchgelesen, was man als den einzigen größeren Fehler daran sehen könnte (wenn man darin denn einen Fehler sehen will). Stellenweise sind die Geschichten brutal und/oder ekelerregend – sonst wäre es wohl kein Horror – doch niemals grenzüberschreitend oder in unnötiger Weise. Ansonsten bliebt nicht viel zu sagen – „Amerikkan Gotik“ ist unterhaltsam und greift hin und wieder wichtige soziale Fragestellungen auf, obgleich es ohne Weiteres möglich ist, sich ausschließlich auf ersteren Aspekt zu konzentrieren.