„Der schwarze Hund des Todes“ ist der nunmehr dritte von fünf Bänden der gesammelten Horrorgeschichten des Conan-Schöpfers Robert E. Howard (siehe auch Volk der Finsternis). Auch hier wieder variieren Thema und Setting beträchtlich – von zeitgenössischem Horror bis zu heroischer Fantasy der grauen Vorzeit:
„Ägyptische Finsternis!“ Bereits die ersten Worte der Titelgeschichte „Der schwarze Hund des Todes“ evozieren eine schauerliche Atmosphäre als Grundlage brillant inszenierten Horrors. In den düsteren Wäldern Kaliforniens jagt unser Held einen Mörder – nur um sich wenig später mit einem nicht mehr ganz menschlichen Ungeheuer konfrontiert zu sehen.
„Das Ding auf dem Dach“ und „Die Höllentauben“ wiederum sind klassischer Weird-Fiction-Horror, der sich im Stil teilweise H. P. Lovecraft annähert.
Deutlich subtiler dagegen: „Die Berührung des Todes“ Ein Mann muss bei völliger Finsternis im Raum mit einem Toten wachen – doch ist die Leiche wirklich so tot, wie sie sein sollte? Die Geschichte könnte ebenso gut von einem Edgar Allan Poe stammen und beweist, das Howard den psychologischen Horror ebenso verstand wie drastische Kampfesschilderungen.
Auf der anderen Seite freilich stehen „Die Kämpfer von Walhalla“ und „Das Tal des Wurmes“: Hartgesottene Barbaren kämpfen in Schlachten grauer Vorzeit – stilistisch großartig und atmosphärisch, hinterlassen diese Heldenepen von überzeichneten blonden Kriegern in einem Klima der Gewaltverherrlichung heute doch irgendwie den bitteren Nachgeschmack des Faschismus.
Einen ähnlichen Topos verbindet Howard in „Das Königreich der Schatten“ mit dem Szenario eines Thrillers vorzeitlicher Intrigen: König Kull von Atlantis (in Howards Werk eine Art Vorgänger des bekannteren Conan) sieht sich plötzlich mit einer riesigen Verschwörung konfrontiert – sein Königreich ist unbemerkt von gestaltwandelnden Schlangenmenschen infiltriert worden! Es sind ebenjene Wesen, die auch H. P. Lovecraft in „Jäger der Finsternis“ zitiert und die später zum wiederkehrenden Inventar der auf Howards Geschichten basierenden Conan-Comics von Marvel gehörten. Dem heutigen Leser mögen die Schlangenmenschen aus einem weit kontroverseren Kontext bekannt sein, was womöglich kein Zufall ist: Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Michael Barkun dürfte Howards Kurzgeschichte auch den Ursprung bilden für den kuriosen, von David Icke begründeten Verschwörungsmythos der Reptiloiden, die nach Ansicht vieler Verschwörungsgläubiger im Geheimen die Welt beherrschen. (Auch Howards Motiv, dass sich die Schlangenmenschen enttarnen lassen, weil sie eine bestimmte Formel nicht aussprechen können, findet sich in modernen verschwörungsideologischen Werken wie jenen von Jason Mason (Mein Vater war ein MiB) wieder.
In „Delenda Est“ beweist Howard abermals sein Interesse für historische Themen, als er uns in einer zugegebenermaßen sehr knappen Geschichte zu den Vandalen der Völkerwanderungszeit entführt. Die zwei letzten Geschichten schließlich – „Schwingen in der Nacht“ und „Die blaue Flamme der Rache“ drehen sich um Howards wohl zweitbekanntesten Helden Solomon Kane, der es unter anderem im damals kaum erforschten Afrika mit gefährlichen Ungeheuern zu tun bekommt.
Die Betitelung als „Horrorgeschichten“ täuscht bei „Der schwarze Hund des Todes“ etwas, wo doch historische Stoffe und eindeutige Fantasy ebenso unter den Texten vertreten sind. Doch gerade die Mischung hat ihren Reiz – mehr noch als die anderen Bände zeigt dieser das weite Spektrum von Howards literarischem Schaffen von subtilem und anderem Horror bis hin zu authentischen Historiengeschichten und überzeichnetem Barbaren-Trash. Dank Howards Erzähltalent bieten alle Geschichten spannende Unterhaltung und lesen sich flüssig und lebendig – für Fans von H. P. Lovecraft (und natürlich Robert E. Howard selbst) ebenso ein Muss wie für klassisches Fantasy-Klientel und jeden, der der Wahrheit um die legendären Reptiloiden auf den Grund gehen möchte.