Was macht man, wenn man auf der falschen Seite eines unterirdischen Sees steht, in dem ein hungriger Pliosaurus lebt? Genau in diese Situation kommt eine Gruppe von Höhlenforschern, die als Rettungsmission für ein verschwundenes Team in die Tiefen der Erde entsandt werden. Doch das menschenfressende Wasserreptil ist nicht das Absonderlichste, das in diesem seit über hundert Millionen Jahren von der Außenwelt abgeschnittenen Areal haust…
Der Titel „Predator X“ dürfte das Interesse aller Fans prähistorischer Raubtiere wecken, war dies doch der vorläufige Name für den 2007 auf der Insel Spitzbergen gefundenen Pliosaurus funkei. Nun ist die Annahme, urzeitliche Wesen hätten irgendwo in den Tiefen der Erde bis heute überlebt, in der Phantastik alles andere als neu – immerhin wurden diesmal aber keine altbekannten Dinosaurier aufgewärmt, sondern ein der breiten Masse weniger bekanntes Wesen. Gut gemacht finde ich das Setting und die Inszenierung der Handlung, wobei der Pliosaurus die meiste Zeit nur passiv auftritt und die Gruppe als allgegenwärtige Bedrohung im Wasser am Rückweg hindert – keinesfalls also hat man eine stupide Kaiju-Geschichte in der Tradition unzähliger Hai-Filme vor sich. Doch wer sich nun einen durchgehenden Fokus auf das prähistorische Ungeheuer erwartet, wird trotz des Titels enttäuscht, denn in den Höhlen findet sich etwas noch wesentlich Erstaunlicheres und Bedeutungsvolleres, was sich eher in lovecraft’sche Tradition einordnen lässt.
Mehr noch als eine weitere Monstergeschichte ist „Predator X“ von C. J. Waller aber ein psychologischer Thriller über die Gemüter der Menschen, die der Gefahr ins Auge sehen müssen. Ein beträchtlicher Teil des Romans entfällt auf innere Handlung, d.h. Gedanken und Gefühle sowie auch Dialoge. Manchmal grenzwertig ist hier die Tatsache, dass es sich vor allem bei der Protagonistin (Ich-Erzähler) um eine zutiefst emotionale, geradezu neurotische Person handelt; die übrigen Akteure sind auch nicht viel besser. So kommt es regelmäßig, dass man sich über die Irrationalität der Figuren, ihre Unfähigkeit zu konstruktivem Denken und ihre zunehmende Entwicklung zum Wahnsinn aufregt – doch womöglich ist das nur allzu realistisch. Das Ende schließlich ist mit erstaunlichen Veränderungen verbunden, die das Publikum polarisieren können, doch wirklich negativ sehe zumindest ich es nicht.
Die Inszenierung der Handlung ist hierbei denkbar schlicht: geradlinig ohne irgendwelche Abschweifungen oder Zeitsprünge; keine Wechsel von Zeit, Raum und Erzählperspektive; eine szenische Darstellung der gesamten Geschichte von Anfang bis Ende. Zu Anfang stößt die Verwendung des Präsens als Zeitform negativ auf, doch man gewöhnt sich daran.
Im Fazit ist „Predator X“ somit eine schlichte, aber unterhaltsame Lektüre: Schnell und flüssig zu lesen, wenn man sich an den Stil gewöhnt hat, dabei recht spannend und mit einem interessanten Setting. Letztlich nichts irgendwie Herausragendes, aber nette Triviallektüre.