Margiana: Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan

Die alte Margiana, auch als Oxus-Zivilisation bekannt – nicht gerade einer jener frühen Hochkulturen, die im allgemeinen Bewusstsein sonderlich verankert sind. Doch nichtsdestotrotz beeindruckend und zu Unrecht kaum bekannt: Bereits im 3. Jahrtausend vor Christus entstanden im heutigen Turkmenistan gewaltige Städte mit quadratischen Plänen und mächtigen Mauern, mit Abwasserleitungen aus Ton und prächtig ausgestatteten Königsgräbern, die allesamt in den letzten Jahrzehnten ergraben wurden. Dieser faszinierenden Zivilisation und ihrer mangelnden Bekanntheit trägt die Ausstellung „Margiana – Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan“ Rechnung, die erst in Berlin und Hamburg, in Kürze auch in Mannheim zahlreiche Originalfunde der deutschen Öffentlichkeit präsentiert. Nicht nur die Ausstellung selbst ist empfehlenswert, sondern auch der dazugehörige Katalog selben Namens.
Ein guter Teil des ersten Viertels ist dabei zunächst der Vorstellung des Landes Turkmenistan und seiner großen Museen gewidmet – der schwächste Teil. Man merkt stark die charakteristischen Komplexe einer noch jungen Republik, die auf ihrer Suche nach Identität noch dabei ist, das eigene archäologische Erbe zu erschließen und zu vereinnahmen – ein Stadium, das schon viele Länder durchgemacht haben, das unsere eingeschlossen. In unseren Augen kurios ist etwa, wenn in einem Beitrag der turkmenische Staatschef mehrfach charakteristisch als der „geschätzte Präsident“ bezeichnet wird und auch sonst oft von „dem turkmenischen Volk“ und seinen Traditionen gesprochen wird. Ja, letztlich handelt es sich bei einem Teil des Werkes deutlich um turkmenische Nationalpropaganda – doch das vermag die Qualität des archäologischen Teils nur wenig zu tangieren. Im Anschluss folgt ein anschauliches Panorama der Erforschung und der Funde der Margiana, reich bebildert und gut geschrieben. Man erfährt einiges über die gefundenen Städte und ihren Aufbau, die Kunst in Form faszinierender Siegel und Figurinen, die beeindruckenden Funde der Königsgräber (z.B. ganze Wagen und bis zu zwei Meter lange Steinstäbe), nicht zuletzt die Einbettung der Oxus-Zivilisation in ein weites Handelsnetz, was etwa gefundene Roll- und Stempelsiegel aus Mesopotamien und der Indus-Kultur belegen.
Die zweite Hälfte wird vom Katalog der Objekte eingenommen, die in der Ausstellung gezeigt wurden – vollständig, in hervorragenden Fotos präsentiert, ein jedes noch eingehender erläutert. Abgerundet wird der Band durch eine Reihe großartiger Fotografien, die die renommierte Fotografin Herlinde Koelbl im Zuge der Ausstellungsvorbereitung in Turkmenistan von Land und Leuten machte.
All das macht „Margiana – Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan“ zu einem gleichsam fachlich wie technisch hochwertigen Panorama einer mehr als zu Unrecht vergessenen Hochkultur, wahrscheinlich bis auf Weiteres die einzige solche Publikation auf dem deutschen Markt.