Nicht allzu oft liest man ein Buch, geschrieben aus der Sicht von Dämonen – „Lichtschuss ins Schwarze“ ist so ein Fall. Das gelingt – einigermaßen.
Im Zentrum steht Zarana, eine uralte und (nach eigenem Bekennen) vollkommen böse Dämonin. Ihr Ziel ist das aller Lebewesen: Vermehrung. Doch als sie einen Mann entdeckt, der durch ein besonderes Gen als Fortpflanzungspartner in Frage kommt, merkt sie erst zu spät, dass sie es tatsächlich mit einem gefallenen Engel namens Anthriel zu tun hat. Zunehmend muss sie erkennen, dass der in ihr heranwachsende Fetus einen guten Einfluss auf sie hat und ihr Verhalten in ganz neue Bahnen verändert, bis sie schließlich sogar noch Sympathie für ein unbeabsichtigt gerettetes Menschenkind entwickelt. Zusammen mit Anthriel und dem Halbdämon Barazor wird wird sie in einen Kampf gegen organisierten Menschenhandel hineingezogen – während sie zugleich noch eine Artgenossin jagen wollte…
Die Thematik hat zweifellos Potenzial und immer wieder gelingen der Autorin interessante Innovationen und Dialoge. Einen großen Raum nimmt im Roman die – ziemlich weltfremde – Sicht der übernatürlichen Wesen auf die Menschen und ihre Kultur ein. Es ist ungewohnt, aber interessant, die eigene Spezies aus solch einer Außenperspektive betrachtet zu sehen. Gleichwohl aber wirken die Dämonen recht überzeichnet in ihrer krampfhaft bösen Weltanschauung (die eigentlich mehr Nihilismus ist), was sich besonders im verdrehten Sprachgebrauch zeigt: Negativ belegte Begriffe werden als positiv verwendet und umgekehrt – was oft genug zu Verwirrung führt. Sicherlich hat die Frage, ob derartige Wesen bei entsprechendem Weltbild tatsächlich eine solche Sprache verwenden würden, Potenzial zu einer philosophischen Debatte, doch ich zumindest würde spontan bezweifeln, dass dies glaubwürdig ist. Umso befremdlicher wird das Prinzip, wenn die Akteure im Laufe der Handlung zunehmend gutmütiger agieren, sich gar aktiv für die Menschen einsetzen. Überhaupt kann gesagt werden, dass die Charakterzeichnung einen viel zu großen Raum im Roman einnimmt. Der größte Teil besteht aus Dialogen, die die Persönlichkeitszüge unterstreichen, welche man schon zuvor längst erkannt hatte, und in Bezug auf die Handlung nur mäßig zielführend sind. Trotz 300 Seiten Länge ist die Handlung bzw. der Hauptkonflikt recht bescheiden und wird immer wieder zugunsten von Dialogen auf Eis gelegt. Nun sind diese Dialoge nur selten witzig oder tiefgründig, auch wenn beides durchaus vorkommt. Trotz harter Thematiken gibt es kaum direkte Gewaltszenen – etwas mehr Action hätte die Geschichte aufwerten können. Es wäre meiner Einschätzung nach ohne Qualitätsverlust möglich, den Umfang des Buches auf 200, wenn nicht gar 150 Seiten zu reduzieren. Des Weiteren tauchen im Laufe der Handlung zwei Charaktere namens Gna und Vidar auf, deren Sinn sich mir ziemlich entzieht – für die Handlung sind sie praktisch überflüssig, während sie auch sonst nichts Bereicherndes hinzuzufügen haben. Schließlich gibt es ein offenes Ende, das die Möglichkeit einer Fortsetzung offen lässt, doch letztlich überwiegt über diese Enttäuschung die Erleichterung, das Buch beendet zu haben.
Letztendlich also: Durch den ungewohnten Blickwinkel der Protagonisten einiges an Potenzial, jedoch selten genutzt; das Ganze in einer viel zu sehr gestreckten Handlung aus mäßig zielführenden Dialogen. Also nicht unbedingt die beste Leseempfehlung.