Lass uns Drachen suchen gehen…

 

[kein Bild, da das Buch anscheinend wieder aus dem Verkauf genommen wurde]

Seit ihre beste Freundin sich infolge einer unheilbaren Krankheit das Leben genommen hat, versinkt die Schülerin Emily immer tiefer in Depressionen. Kategorisch lehnt sie jede Freude, Hilfe und auch sonst alles ab, denkt sogar schon an Suizid. Dann kommt es zu einer unerwarteten Begegnung: Ein Junge namens Finn spricht sie an und fordert sie auf, mit ihr einen Drachen suchen zu gehen. Was zunächst verrückt klingt, gewinnt wenig später an Glaubwürdigkeit, als er Emily in eine fremdartige Welt jenseits der unsrigen führt. Unpraktisch nur: Weitgehend unkontrolliert geht von nun an der Wechsel zwischen den Welten vonstatten – während sie eben noch mit Finn durch das Fantasy-Reich reiste, gilt es im nächsten Moment wieder den Alltag und die damit aufkommenden Fragen zu bewältigen…

Vor jeglicher Wertung muss zugegeben werden, dass derartige Jugend-Fantasy mit großem Gefühlsanteil nicht wirklich mein bevorzugtes Genre ist. Auch kann ich mich nicht im Geringsten mit der negativen (Emily) oder positiven Irrationalität (Finn) identifizieren – was jedoch nicht im Geringsten heißen soll, diese sei unglaubwürdig. Im Gegenteil, die Charakterisierung der handelnden Figuren in „Lass uns Drachen suchen gehen…“ wirkt detailliert, folgerichtig und lebensecht. Kein Wunder, wo doch die Gefühlswelt insbesondere der Protagonistin das eigentliche Thema des kurzen Romans darstellt. Das Suchen von Drachen ist für die Handlung in der Tat nur ein Platzhalter für ein beliebiges abstraktes Ziel, das Emily aus ihrem Selbstmitleid entführt und sie mit Finn verbindet. Vielmehr steht die Fantasy-Welt als solche für völlig neue Lebenswelten mit neuen Erfahrungen, die eine Befreiung vom deprimierenden Privatleben ermöglichen und die Charakterentwicklung beeinflussen. So finden sich auch Hauptkonflikt und Pointe der Handlung schließlich in der hiesigen Welt – als geeigneten Vergleich könnte man vielleicht den Film Pans Labyrinth von Guillermo del Toro nennen (nicht nur wegen des Auftretens eines Fauns). Nichtsdestotrotz ist die phantastische Parallelwelt anschaulich dargestellt und mit einigen interessanten Ideen bevölkert. Und ja, natürlich entwickelt sich die Handlung schließlich auch noch in Richtung einer Liebesgeschichte, auch wenn diese die meiste Zeit hinter den übrigen inneren Konflikten zurückbleibt. Nett sind schließlich auch die schlichten Bilder am Anfang eines jeden Kapitels (direkt unter der Kapitelüberschrift in der Word-Schrift Chiller, einer meiner liebsten Schriftarten für Überschriften). Die Stilsicherheit indes ist zweifellos beachtlich für ein Selfpublisher-Erstlingswerk.

Fazit: Eine nette, kurzweilige Lektüre mit Schwerpunkt auf der inneren Handlung, allerdings wohl eher auf die Zielgruppe weiblicher Jugendlicher abgestimmt. Bei einem Preis von 2,00€ für das e-book kann man nichts falsch machen, wenn man an dem Genre interessiert ist.

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