Komm, wir spielen bei den Adams

Pulp LegendsDie 70er bis 90er Jahre brachten in den USA eine Flut trivialer Horrorromane hervor, von denen die meisten so schnell wieder vergessen wurden, wie sie erschienen. Eine Handvoll indes blieb zumindest Kennern als literarische Perlen in Erinnerung – und ebendiese sind es, die der Festa-Verlag nunmehr in der neuen Reihe „Pulp Legends“ als limitierte Sammlerausgaben zu veröffentlichen beginnt. Den Anfang der Serie macht der Psychothriller „Komm, wir spielen bei den Adams“ von Mendal W. Johnson.

Barbara ist eine herzensgute, wenngleich etwas naive Studentin, die sich nichts Böses davon verspricht, als Babysitter für zwei Kinder einzuspringen, als die Eltern für eine Woche verreisen. Die Geschwister und deren Freunde haben sich jedoch einen teuflischen Plan in den Kopf gesetzt, um endlich einmal der ständigen Bevormundung durch die Erwachsenen zu entgehen. Am nächsten Morgen wacht Barbara gefesselt auf – die fünf Jugendlichen wollen sich eine schöne Woche machen und dabei die unglückselige Babysitterin gefangen halten. Schon bald aber beginnt die Situation zunehmend zu eskalieren, als die Kinder sich ihrer Macht bewusst werden. Ein guter Ausgang wird undenkbar …

Einen „der grausamsten Romane aller Zeiten“ verspricht der Klappentext – und tatsächlich lässt „Komm, wir spielen bei den Adams“ den Leser mit einem flauen Gefühl im Magen zurück. Entgegen der Erwartung ist es jedoch nicht die plastische Schilderung allerlei Grausamkeiten, in denen sich der Roman ergeht. Vielmehr liegt das Augenmerk auf der Psyche der Beteiligten, Täter wie Opfer: Barbara, zunächst noch mit typisch erwachsener Selbstsicherheit geschlagen, die angesichts der harten Realität zunehmend in Verzweiflung gerät. Und auf der anderen Seite die fünf Jugendlichen, die ihren lange angestauten Groll auf die Erwachsenenwelt auf sie projizieren, die permanent mit ihren Taten hadern und sich trotzdem immer weiter in eine Spirale der Gewalt hineinsteigern, jeder für sich mit individuellen Gedanken und Charakterzügen, fatal zusammengeschweißt durch die beherrschende Macht der Gruppe. Antrieb ist am ehesten ein entarteter Spieltrieb, eine Mischung aus pubertärem Protestdenken und letztlich ziemlicher Irrationalität. So kann man das Werk als eine ganz andere, wenngleich wohl brillante Coming-of-Age-Geschichte lesen, die doch in einzigartiger Form das machtbestimmte Spannungsfeld zwischen Kindern und Erwachsenen auslotet. Innere Monologe sind zahlreich, breit ausgekostet werden die sieben Tage der Anarchie. Ebendieser grausame Realismus abseits dramaturgischer Konventionen ist es auch, der letztlich am meisten verstört. All das würde freilich kaum funktionieren ohne den absolut fesselnden Schreibstil des Autors, bei dem eine jede Unterbrechung zum Ungemach wird. Freilich hätte das Buch etwas an Glaubwürdigkeit gewonnen, wären die kindlichen Protagonisten um einige Jahre jünger gewesen, stehen manche mit siebzehn und sechzehn Jahren doch der Erwachsenenwelt schon deutlich näher – womit ihre so offensiv kindliche Charakterisierung etwas an Glaubwürdigkeit verliert und vielleicht schon eher an eine erwachsene Projektion „kindlicher“ Denkweisen erinnert. Dem zum Trotze bleibt „Komm, wir spielen bei den Adams“ ein allzu bedrückender, dabei jedoch hoch spannender Thriller, ein mehr als gelungener Auftakt einer vielversprechenden Serie.