Gute Drachen sind rar: Drei Aufsätze

J. R. R. Tolkien ist weltbekannt als Autor der Fantasy-Klassiker „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ – weniger bekannt ist, dass der Linguist und Philologe auch so einige akademische Publikationen hinterlassen hat. Drei seiner Aufsätze (offensichtlich so ziemlich die einzigen auf Deutsch veröffentlichten) vereint der Band „Gute Drachen sind rar“:
Der erste Text ist ein Vortrag über sein „heimliches Laster“, das Erfinden von Sprachen. So einiges hört man einerseits über die bekannten Elbensprachen, die Tolkien im Erwachsenenalter erfand, darüber hinaus jedoch auch über frühere Kreationen, in die er in seiner Jugendzeit involviert war. Der zweite Aufsatz „Über Märchen“ ist tatsächlich viel mehr als das: Eine Abhandlung nicht nur über die Tradition von Feengeschichten („fairy tales“) in der englischen Kultur, sondern auch über Phantastik allgemein. Sehr interessant natürlich die historischen Aspekte, auch die Aussagen zur vielzitierten Beziehung zwischen Märchen und Kindern – weite Teile indes sind eher zäh, wenn es um Fantasie im Allgemeinen geht. Tolkien zeigt hier, dass er trotz allen Fachwissens im Geiste mindestens ebenso sehr ein Romantiker wie ein Wissenschaftler war. Schließlich wäre da noch der dritte Text „Die Ungeheuer und ihre Kritiker“, Tolkiens brillanter Aufsatz zur Interpretation des Beowulf-Epos. Was zunächst ähnlich romantisch scheint, wenn er entgegen allen Fachkollegen für eine völlige Neubetrachtung des Epos, nämlich in erster Linie als Gedicht und als Ganzes, plädiert, zeigt sich schließlich als durchaus kulturhistorisch fundiert. Präzise und lebendig bringt Tolkien einem die Umstände der Entstehungszeit des Beowulf nahe und sorgt für ein in vielerlei Weise tieferes Verständnis des legendären angelsächsischen Heldengedichts.
„Gute Drachen sind rar“ hat natürlich wenig zu tun mit den beliebten Mittelerde-Erzählungen. Manchmal hat das Buch auch durchaus Längen und wird etwas zäh – doch die Kombination aus poetischer Sprache und wissenschaftlichem Inhalt macht es zu einer nur allzu lohnenden Lektüre für jene mit Interesse an mythologischen Themen.

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