Dass der Festa-Verlag für vieles abseits des Mainstreams zu haben ist, dürfte hinlänglich bekannt sein, finden sich dort doch gleichsam vergessene Perlen der Lovecraft-Tradition und zahlreiche der extremsten Werke des modernen Horrors. Trotzdem überraschend kam die Veröffentlichung des „Festa Specials“ – ein kostenloser, limitierter Band mit drei Novellen als Geschenk für alle Abonnenten und notorischen Festa-Leser.
Das Buch selbst ist allerdings alles andere als ein billiges Werbegeschenk, sondern ein vollwertiger und schnell liebgewonnener Teil jeder Festa-Sammlung. Die zweihundert Seiten mit großer Schrift lesen sich schnell weg, doch diese Zeit ist durchaus ein Genuss. Vertreten sind in dem Band drei im Verlag längst etablierte Autoren mit je einer mittellangen Geschichte: „Auge um Auge“ ist ein relativ konventioneller Kurzkrimi aus Graham Mastertons Katie-Maguire-Reihe (aber völlig unabhängig von dieser lesbar) – für die geringe Länge, die die Komplexität der Handlung natürlich einschränkt, absolut solide, darüber hinaus mit einem durchaus amüsanten Ende. Darauf folgt Tim Millers „Wir sind alle verrückt hier“ – eine gnadenlose Horror-Splatter-Adaption der bekannten Geschichte von Alice im Wunderland, nicht trotz sondern wegen des Trash-Faktors herrlich unterhaltsam. Die größte Überraschung indes bietet die dritte Geschichte „Die Ordner“ von Edward Lee. Dieser Autor, eigentlich bekannt für alle Niveaugrenzen sprengenden Ekel-Horror, beweist unerwartet seine literarische Vieleitigkeit. Zugegeben, das Verständnis der Geschichte ist nicht leicht, wenn überhaupt vollkommen möglich – Lee schmeißt scheinbar zusammenhanglos Szene an Szene und jongliert dabei gleichsam mit Stil und Inhalt, nur unterschwellig zeichnet sich das gemeinsame Thema ab. Eine etwas explizitere Ausführung hätte ich geschätzt, doch irgendwie übt schon diese Version eine erstaunliche Faszination aus und lässt größeres – literarisch wie inhaltlich – erahnen. So verschieden diese drei Geschichten auch sind, irgendwie haben sie alle ihren Reiz. Von wegen „Was nichts kostet, ist nichts wert“ – das „Festa Special“ erweist sich als wahre Perle düsterer Literatur. Ein hervorragender Schachzug des Verlages, um sich langfristig die Treue der Kernleserschaft zu sichern – zur großen Freude ebendieser. Daran können sich andere Verleger ein Beispiel nehmen.