Die Tierwelt schlägt zurück – immer wieder ein gerne gesehenes Thema, so auch in der „Schweine-Saga“ von Richard Haigh, deren beide Teile „Die Farm“ und „Die Stadt“ nun in einem Band der Pulp-Legends-Reihe des Festa-Verlags vorliegen.
Der ehemalige Arzt Paul Thompson hatte sich eigentlich ein beschauliches Leben als Landwirt vorgestellt, als er Hobb’s Farm aufkaufte. Die Aussichten – rosig, hat er doch sein Geld in die Buckland Whites gesetzt, eine neue, größere und intelligentere Schweinerasse, die beträchtlichen Gewinn verspricht. Doch dann die Katastrophe – auf einer Landstraße kommt es zu einem großen Verkehrsunfall, bei dem große Mengen giftiger Chemikalien ins Grundwasser gelangen. Thompson, seine Familie und Bekannte, die auf der Farm inmitten so vieler Tiere leben, ahnen nichts Böses. Dann aber beginnen alle Tiere sich zunehmend aggressiv zu verhalten und schon bald muss ein jeder um sein Leben fürchten.
Einige Zeit später findet in London eine große Landwirtschaftsmesse statt. Und auch hier sind die berüchtigten Buckland Whites zu Gast …
Das Cover des Buches verspricht einen ziemlich blutigen Trash-Roman. Die Wahrheit aber sieht anders aus: Der Sprachstil der beiden auf 500 Seiten vereinten Romane ist zwar überwiegend klar und schmucklos, doch keinesfalls primitiv, wird man doch immer wieder durch allzu passende Formulierungen überrascht. Und schließlich sind die beiden Bücher auch nicht wirklich bloße Splatter-Geschichten, sondern vielmehr Thriller – ein größerer Teil als dem Gemetzel gilt der langsamen Vorbereitung, die Spannung gewinnt nicht trotz, sondern eben weil man den Ausgang bereits erwartet. Dafür lässt sich Haigh genüsslich Zeit – geradezu brillant etwa die Anfangsszene, in der im schnellen Wechsel die Perspektiven der diversen Verkehrsteilnehmer geschildert werden, die sich schließlich zum gemeinsamen Unfall verdichten. Und auch als dann endlich auf dem Bauernhof die Situation eskaliert, sind die sich steigernden Attacken der Tiere doch erschreckend unspektakulär, wenngleich allzu wirkungsvoll. Im ersten Band stehen gar nicht einmal nur die Schweine im Mittelpunkt, werden sie doch unterstützt durch einen ganzen Bauernhof durchgedrehter Tiere. Das Setting mag nicht allzu innovativ scheinen, eben die sich zunehmend abzeichnende Dezimierung und Belagerung der Hofbewohner durch ihr Nutzvieh, doch wird die Geschichte gerade auch in Hinblick auf den menschlichen Schrecken mit bedrückender Intensität vermittelt, dass man sich allzu gut in deren Leidenswege einfühlen kann. „Die Stadt“ baut dann dramaturgisch etwas ab gegenüber dem ersten Teil, doch auch hier gewinnt die Geschichte gerade durch die Vielzahl der individuellen Perspektiven an Wirkung. Das zu erwartende Blutbad kommt erst spät, und auch dann stehen doch die menschlichen Perspektiven im Mittelpunkt.
Der dritte Teil einer solchen „Schweine-Trilogie“ wird im Epilog von „Die Stadt“ zwar angekündigt, ist jedoch leider nie veröffentlicht worden – man hätte gespannt sein können. Immerhin haben wir jedoch Schwein gehabt, dass zumindest die ersten beiden Bände mehr als dreißig Jahre nach ihrem Erscheinen wiederentdeckt und nun erstmals in Deutsche übersetzt wurden. Alles in allem sind „Die Farm“ und „Die Stadt“ zusammen ein ziemlich kurzweiliges Vergnügen, schnell und flüssig weggelesen, aber durchaus unterhaltsam. Die Stärke beider Tierthriller liegt tatsächlich mehr in den psychologischen Komponenten – ein intelligent inszeniertes Zusammenspiel etlicher individueller Protagonisten, die allesamt ihr Fett wegbekommen. Nämlich durch menschenfressende Schweine, um es zu präzisieren.