Ich konnte es selbst kaum glauben, doch es ist mir gelungen, im Internet ein Exemplar des seit langem ausverkauften und meist aberwitzig teuer gehandelten Buches „Der Untergang von Eden“ zu ergattern. Bei dieser auf 500 Exemplare limitierten und von Autor, Herausgeber und Illustrator signierten Sammlerausgabe handelt es sich um eine Sammlung von fünf Kurzgeschichten nebst mehreren Sonetten des Autors S. P. Somtow.
Maria erzählt Paulus vom Leben ihres Sohnes Jesus, das so gar nicht den Vorstellungen des späteren Christentum entsprach. Ein Junge verliebt sich in eine Mutantin und will sie durch eine Operation heilen. Vor Gericht wird ein Vampirkult erörtert. Ein alter Mann erzählt von seinen Kindheitserlebnissen mit dem Serienmörder Si Ui. Und dann noch einmal Jesus, wobei nun seine Freundschaft zu einem Vampir im Mittelpunkt steht. Soweit die Handlungen der Stories: drastisch, mithin erotisch bis obszön – aber vor allem grotesk und auf erstaunliche Weise innovativ. Themen, die aus dem Mainstream herausstechen und die Somtow faszinierend inszeniert – sei es die grotesk-absurde, recht lustige Vorladung eines Vampirs vor Gericht oder die tragische, ja irgendwie fast sympathische Charakterisierung des Kindermörders Si Ui, eingebettet in das dramatische historische Setting in China und Thailand kurz nach dem 2. Weltkrieg. Unterhaltsam geschrieben sind die Geschichten noch dazu, sodass es eigentlich gar nichts an ihnen auszusetzen gibt.
Für die deutsche Sammlerausgabe wurde dem Kurzgeschichtenband zudem eine Sammlung von Sonetten angefügt – die einen über Serienmörder, die anderen Satire der amerikanischen Politik. Diese sind nur auf Englisch abgedruckt – eine Übersetzung ist bei Gedichten ja oft genug problematisch. Letztendlich konnte ich mit diesen jedoch aufgrund des mangelnden Verständnisses (und einer allgemein unlyrischen Veranlagung?) nicht allzu viel anfangen.
Recht schnell ist das Werk von rund 250 Seiten durchgelesen – doch es lohnte sich. Faszinierende Geschichten eines wahren Genies … nun ja, und Sonette.