Geheimakte Archäologie

Bildergebnis für geheimakte archäologie„Geheimakte Archäologie“ von Luc Bürgin ist ein weiteres typisches Exemplar grenzwissenschaftlicher Literatur zur sogenannten „verbotenen Archäologie“. Wie in dem Genre üblich, stellt der Autor eine Reihe rätselhafter archäologischer Funde vor, die (anscheinend) noch immer einer Erklärung harren. Keiner von diesen ist hierbei wirklich neu; es handelt sich samt und sonders um alte Bekannte des Genres: Zunächst die berühmten und kontroversen Großsammlungen – die Funde aus Burrow’s Cave, die Michigan-Relikte, Pater Crespis Metallbibliothek, die Figuren von Acambaro und die Funde von Glozel (Frankreich). Der zweite Abschnitt behandelt jeweils sehr knapp Themen der Kryptozoologie, darunter der Minnesota-Eismann und der de-Loys-Affe, gefolgt von verschiedenen alten Bauwerken (Yonaguni-Monument, Pyramiden im Rock Lake, Geheimkammer der Cheops-Pyramide …) und den sogenannten Out-of-place-artifacts (darunter das Coso-Artefakt, der Metallkeil von Aiud und der versteinerte Hammer von London, Texas). Ein letztes Kapitel geht auf den angeblichen „Bibelcode“ ein.
Bei dieser Anzahl der behandelten Themen kann natürlich keine wirklich tiefe Auseinandersetzung erwartet werden. Und in der Tat sind die meisten Kapitel extrem knapp, oft nur wenige Seiten, in denen kurz die zentralen Informationen dargestellt werden – noch oberflächlicher also als die meisten ähnlich gearteten Bücher des Genres (z.B. von Erich von Däniken, Reinhard Habeck oder Hartwig Hausdorf). Aus der Reihe fällt indes das allererste Kapitel über die gemeinhin als Fälschungen identifizierten Funde aus Burrow’s Cave – dieses ist als einziges umfangreicher und dringt etwas in die Tiefe, wenn dort die Kontroverse relativ penibel aufgerollt wird, auch anhand mehrerer Originaldokumente (etwa Briefe) – zumal Luc Bürgin hier offensichtlich auch selbst aktive Forschung betrieben, sprich mit den Beteiligten korrespondiert hat. Dieses Kapitel kann also als nützlicher Beitrag zum Thema gelten, von den inhaltlichen Implikationen einmal ganz abgesehen. Auch die beiden nächsten Kapitel (Crespi-Sammlung & Michigan-Artefakte) sind noch einigermaßen ausführlich, der Rest dann schließlich deutlich knapper. Hingegen mangelt es dem Buch grundsätzlich nicht an Bildern – viele Fotografien der Funde illustrieren die Artikel, was nur zu loben ist. Hinzu kommen Abdrucke zahlreicher originaler Dokumente zur Fund- und Forschungsgeschichte mancher Objekte im Anhang, was dem Leser bei einer eventuellen eigenen Recherche unterstützt.
Luc Bürgin ist ganz klar ein Befürworter, nicht Kritiker der grenzwissenschaftlichen Interpretation von Funden. Nichtsdestotrotz werden zumindest bei einigen Themen auch alternative Erklärungen wiedergegeben, z.B. beim Hammer von London (der wahrscheinlich nicht aus der Kreidezeit stammt, sondern schlichtweg in eine moderne Steinkonkretion eingeschlossen ist). Dies ist löblich, wobei eine Auseinandersetzung mit entsprechenden Gegendarstellungen bei den meisten der Funde (z.B. die Acambaro-Figuren) doch fehlt.  Grundsätzlich enthält sich Bürgin weitgehend der eigenen Interpretation und der Ausschlachtung der Funde für konkrete Thesen (Außerirdische, Atlantis, Junge-Erde-Kreationismus …), sondern lässt sie vielmehr als Mysterium stehen. Aus der kritischen Haltung dem wissenschaftlichen Establishment gegenüber macht er trotzdem keinen Hehl, ist dem doch die gesamte umfangreiche Einleitung gewidmet. Mit einer Aufzählung von zahlreichen Revisionen (meist Rückdatierungen) wissenschaftlicher Lehrmeinungen in den letzten Jahrzehnten versucht er deren Fehlbarkeit zu belegen, was aber letztlich doch ein Schuss ins eigene Bein ist – beweist er damit doch vielmehr, dass die akademische Wissenschaft sehr wohl im Angesicht neuer Funde ihre Theorien revidiert, anstatt dogmatisch am Alten festzuhalten.
Das kurze und unterhaltsame Buch ist schnell durchgelesen. Viele der behandelten Themen sind in diesem Genre altbekannt, womit das Buch allenfalls als Überblickswerk taugt, im Falle von Burrow’s Cave und durch die Dokumente ist jedoch zumindest ein gewisser (grenz)wissenschaftlicher Mehrwert geboten. Letztlich ist es kein in diesem Genre wirklich herausstechendes Buch – weder positiv durch inhaltliche Qualität noch negativ durch ein überdurchschnittliches Maß falscher und pseudowissenschaftlicher Aussagen, die sich beide im soliden Mittelfeld bewegen.