Carnacki, der Geisterdetektiv

Beim Festa-Verlag haben sie immer wieder das Talent, interessante Klassiker der Horrorliteratur auszugraben. Eine der neuesten Erscheinungen: „Carnacki, der Geisterdetektiv“ von William Hope Hodgson (1877-1918). Die neun Geschichten des Erzählbandes bewegen sich in einer Grauzone zwischen klassischer Detektiv- und Schauergeschichte. Eingebettet in eine Rahmenhandlung erzählt Carnacki, ein Ermittler des Übernatürlichen, von seinen Fällen, bei denen es meist um Spuk geht. In dem einen Haus werden von einer unbekannten Macht Türen zugestoßen und Menschen attackiert, in einem anderen dringt jede Nacht ein lautes Pfeifen aus einem Raum. Eine junge Frau wird von einem geisterhaften Pferd heimgesucht, während ein Mann in seinen Träumen jede Nacht das Grunzen von Schweinen vernimmt – und ihnen antwortet.
Carnacki ist stets zur Stelle, um die rätselhaften Ereignisse aufzuklären. Auf der einen Seite geht er beeindruckend akribisch und rational vor, ein „Sherlock Holmes des Okkulten“, wie schon der Klappentext sagt. Zugleich aber ist er alles andere als unfehlbar und furchtlos, was ihn wiederum von manchen überzeichneten Protagonisten seines Genres abhebt und zweifellos menschlicher macht. Die Aufklärung der Spukphänomene hat hierbei einen ganz besonderen Reiz, denn es kommen sowohl irdische als auch übernatürliche Erklärungen vor (mitunter gar in Kombination) – man kann sich also nie darauf verlassen, dass sich am Ende eh alles als Täuschung oder aber als unerklärlich herausstellen wird. Zugleich entwirft Hodgson eine Art Wissenschaft de Okkulten mit spezifischen Gesetzmäßigkeiten, denen auch das Übernatürliche folgt – auch das Phantastische bleibt also auf einem gewissen rationalen Boden.
Was den Stil angeht, ist Hodgson nichts vorzuwerfen: Er schafft es hervorragend, die Spukphänomene in wirkungsvoller Atmosphäre zu evozieren, wenn auch in unterschiedlicher Weise – hier als konventioneller Geisterhaus-Grusel, da als komischer Schrecken in Lovecraft-Manier. Während die Rahmengeschehnisse relativ knapp und trocken abgehandelt werden, wird das Grauen selbst schließlich breit charakterisiert, freilich ohne es dabei (vor der Zeit) zu entmystifizieren. Den Vergleich mit den großen Vertretern der Schauergeschichte braucht Hodgson hierbei nicht zu fürchten.
Abgerundet wird der Erzählband in der Festa-Ausgabe von zwei biographischen Texten über den Autor und sein Werk, der erste von niemand geringerem verfasst als Horror-Ikone H. P. Lovecraft, der Hodgsons Werk ebenfalls sehr schätzte. Obwohl rund hundert Jahre alt, sind die Geschichten um Carnacki noch immer lesenswert für all jene, die den klassischen Horror schätzen.

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