Northern Gothic

„Northern Gothic“ ist ein Kurzgeschichtenband des Autors Andreas Gruber und vor allem dem Horror-Genre zuzurechnen. Wie schon in „Apokalypse Marseille“, Grubers neuerer Science-Fiction-Storysammlung, werden einem hier ein paar ganz besondere Leckerbissen vorgesetzt: Eine vergessene Gemeinschaft bösartiger Hinterwäldler, vom Tode wiederkehrende Cowboys, ein nur allzu fesselndes Puzzle und eine Maschine, die die Realitäten selbst durchdringt – das sind nur einige der erstaunlichen Visionen Andreas Grubers. Schon das Vorwort ist brillant, doch mehr sei dazu nicht verraten. Dann folgen 13 Geschichten mit verschiedensten Themen:

Schießerei am O.K. Corral – eine Art Zombie-Western, recht angenehm zu lesen

Wirklich böse Sachen – bezüglich der Darstellung von Kindern ziemlich klischeehaft, aber mit netter Pointe

Seit wann trinken Katzen Whisky? – innovative Rache-Geschichte, die man in diesem Stadium des Lesens noch als Highlight des Buches wahrnimmt

Glauben Sie mir, mein Name ist Dr. Watson! – Die altbekannten Ermittler Sherlock Holmes und Dr. Watson müssen einen einzigartigen Fall lösen; gekonnte Kombination verschiedener Werke und historischer Fakten mit erstaunlichem Plot-Twist

Bruegels Turmbau zu Babel – das Element des Grauens ist eher unspektakulär, doch dafür die Atmosphäre und Charakterisierung umso besser dargestellt

Klinik – kurz, stilistisch „kreativ“ und verstörend, mehr sei dazu nicht gesagt

Ristorante Mystico – nicht wirklich Horror, aber vielschichtige, unterhaltsame Geschichte über die verschiedenen kauzigen Bewohner eines Hauses

Das Bahnwärterhaus – kurz, düster und am Ende recht vorhersehbar, aber solide Horrorgeschichte

Die Schatten von Norgath – pseudohistorische Fantasy-Geschichte (nach eigener Aussage Grubers einzige Fantasy-Geschichte), recht atmosphärisch und unterhaltsam

Wie ein Lichtschein unter der Tür – ziemlich grenzwertig und verstörend, aber gut

Rue de la Tonnellerie – Aufeinandertreffen verschiedener berühmter Künstler (darunter Poe und Wagner); gut geschrieben, aber leider mit offenem Ende

Die scharfe Kante des Geodreiecks – ziemlich skurril, aber unterhaltsam mit unerwartetem Ende

Northern Gothic – (nicht nur nach Meinung des Autors) beste Geschichte des Bandes, großartiger Backwood-Horror

Fast alle dieser Geschichten sind schon zuvor in Anthologien erschienen; nur eine ist eine Erstveröffentlichung. Vor einer jeden gibt es eine knappe Einleitung des Autors, in der die Hintergründe wie etwa Inspiration und Werksgeschichte erläutert werden, stets recht interessant. Die 344 Seiten lesen sich ziemlich schnell, denn der Schreibstil ist flüssig und die Geschichten recht fesselnd. Nicht nur die Ideen Grubers sind oft brillant, auch Ausdruck, Atmosphäre und Darstellung der Figuren lassen nicht zu wünschen übrig. Im Fazit also eine gänzlich gelungene Storysammlung, an der es nichts auszusetzen gibt.

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