Leonardo da Vinci. Das zeichnerische Werk

Ziemlich einhellig gilt Leonardo da Vinci als eines der größten Genies aller Zeiten. Seine Begabungen und Erzeugnisse in (unter anderem) Malerei, Architektur, Technik und Anatomie sind legendär – und all diese fließen zusammen in dem umfangreichen Korpus von Zeichnungen, die sich bis heute von ihm erhalten haben. Unter dem wenig missverständlichen Titel „Leonardo da Vinci. Das zeichnerische Werk“ hat der Taschen-Verlag eine Edition von insgesamt 663 dieser Zeichnungen herausgegeben, das alles zum durchaus erschwinglichen Preis von 14,99€.
Im Wesentlichen besteht das Buch aus farbigen Abdrucken besagter Zeichnungen, allesamt in hervorragender Bildqualität und versehen mit einer knappen Beischrift, die Motiv, Entstehungszeit, Herstellungsverfahren, Aufbewahrungsort und Katalognummer nennt. Geordnet sind diese nach Themenbereichen, etwa Anatomie, Technik, Landkarten, Porträts, Skizzen für Gemälde etc. – jedes Kapitel eingeleitet durch einen meist drei- bis vierseitigen Text, der Grundlegendes zu diesem Bereich von Leonardos Schaffen und insbesondere künstlerische Aspekte erläutert (hinzu kommen penible Literaturangaben). An all dem ist nichts auszusetzen – kompakte, allgemeinverständliche Informationen nebst einer beträchtlichen Menge der originalen Bilder. Letztere faszinieren mal mehr, mal weniger, ganz abhängig von den Interessen des Lesers – mich etwa interessierten mehr die Konzepte für technische Apparate, insbesondere die kreativen Kriegsmaschinen, weniger hingegen die zahlreichen Körperstudien von Pferden oder Landschaftsmotive. Auf jeden Fall, das dürfte garantiert sein, bietet das Buch einen vielseitigen Überblick über das gesamte zeichnerische Schaffen des Universalgenies.
Nichtsdestotrotz gibt es eine Handvoll Aspekte, die ich beim Lesen vermisst habe:
– genauere Angaben, wie groß der Anteil der abgedruckten an den insgesamt erhaltenen Zeichnungen Leonardos ist (Wikipedia spricht von insgesamt rund 6000 Blättern), nach welchen Kriterien ausgewählt wurde und was unter den nicht abgedruckten Zeichnungen noch zu finden ist (nur weitere Variationen bekannter Motive oder noch gänzlich neue Aspekte?)
– die Gemälde, insbesondere als Vergleich zu den dazugehörigen Skizzen – vom Umfang her wäre es kein Problem, da ohnehin nur 15 gesicherte Gemälde Leonardos erhalten sind
– Informationen darüber, ob bzw. inwiefern die auf den Zeichnungen dargestellten Erfindungen (v.a. Mechanik/Kriegsmaschinen) tatsächlich neuartige Innovationen, womöglich gar ihrer Zeit voraus, oder vielmehr Ausdruck eines etablierten Zeitgeistes waren (nebensächliche Erwähnungen, dass so manches davon schon zuvor bei anderen Künstlern der Renaissance belegt ist, füttern hier leider nur an, gehen aber kaum in die Tiefe)
All dies wäre zwar schön gewesen und hätte die Qualität des Buches meines Erachtens erhöht, dürfte sich aber auch mit einer gewissen Eigenrecherche ausgleichen lassen. Nichtsdestotrotz bleibt das Gesamturteil positiv – als Überblick über das zeichnerische Vermächtnis Leonardo da Vincis ist das vorliegende Buch mehr als geeignet.

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