Eat them Alive

„Eat them Alive“ – was klingt wie ein ziemlich blutiger Trash-Roman, ist bei genauerer Betrachtung ein ziemlich blutiger Trash-Roman. 1977 erstmals erschienen, wurde die zu Un(?)recht vergessene Perle von Pierce Nace nun vor kurzem als fünfter Teil der Pulp Legends-Reihe im Festa-Verlag erstmals in deutscher Übersetzung veröffentlicht.
Früher war Dyke Mellis ein Krimineller – bis er erfolglos versuchte, seine vier Gefährten zu hintergehen. Gefoltert und verstümmelt, kam er nur knapp mit dem Leben davon – und sinnt nunmehr seit Jahren auf Rache, zurückgezogen und vergessen auf einer kleinen Insel vor der Küste Kolumbiens. Als dann ein Tsunami die Insel verwüstet, dringen plötzlich aus unterirdischen Höhlen hunderte von riesigen, fleischfressenden Gottesanbeterinnen ans Tageslicht. Und in Dykes hasserfülltem Hirn wächst ein Plan heran. So beginnt er, die blutrünstigen Kreaturen zu zähmen, um sich mit ihrer Hilfe an seinen einstigen Gefährten zu rächen …
Zugegeben, „Eat them Alive“ ist nicht wirklich das, was man sich unter Hochliteratur vorstellt. Genau genommen besteht ein nicht unwesentlicher Teil des Buches aus plastischen Beschreibungen, wie Menschen von riesigen Gottesanbeterinnen gefressen werden. Das ist verständlicherweise nicht jedermanns Geschmack – der der großen Insekten hingegen schon. In Anbetracht dessen, dass der Verlag das Werk bereits als „Ein Gorefest, geschrieben mit der Wonne eines aggressiven Kleinkindes“ bewirbt, wäre auch keinesfalls etwas Anderes zu erwarten gewesen als diese vollendete Splatterorgie. Als kurzweilige Abwechslung aber funktioniert das Buch einigermaßen – mit rund 300 Seiten, jeweils nicht allzu eng bedruckt, ist das Werk durchaus innerhalb eines Tages durchzulesen. Der einfache, aber anschauliche und lebendige Stil ermöglicht dabei ein schnelles Eintauchen und flüssiges Durchlesen. Man würde sich freilich kein längeres Buch oder gar eine Fortsetzung wünschen – da wäre, wenn genauso inszeniert, das Thema doch recht ermüdend, woran es so schon gefährlich kratzt. Die Handlung ist zwar gerade in der ersten Hälfte gut und nachvollziehbar inszeniert (so etwa die Rückblicke und die gefährlichen ersten Zähmungsversuche), danach aber etwas zu geradlinig und wiederholend, auch wenn immerhin das Ende noch einmal mit einer weiteren Wendung überrascht. Der Hauptcharakter entwickelt sich zunehmend zum völlig überzeichneten Wahnsinnigen, was aber mit Sicherheit satirisch beabsichtigt sein dürfte (hoffentlich).
Trash? Ja, ohne Zweifel. Eigentlich der Inbegriff von Trash, Werke wie „Sharknado“ um Jahrzehnte vorwegnehmend – nur viel blutiger. Wenn man darauf steht, ist es relativ unterhaltsam. Gemessen an seinem Selbstanspruch, vermag „Eat them Alive“ voll und ganz zu überzeugen – völlig abgedrehter Tierhorror, wie man ihn noch nicht gelesen hat. Im Endeffekt also ein würdiger Kandidat für die Pulp Legends – außerhalb jeder Norm und allenfalls etwas für eingefleischte (suboptimale Wortwahl) Fans, diesmal erstmalig mehr Splatter statt einer niveauvollen Handlung. Wie viel Selbstironie in dem Werk steckt und ob es das Vermögen des Autors korrekt wiederspiegelt, ist schwer zu sagen – keine Ahnung also, ob der Autor hier ein Genre satirisch auf die Spitze treibt oder einfach nur ein infantiler Irrer ist. Zumindest eine flüssig zu lesende Ausdrucksweise scheint er (oder eher der Übersetzer?) aber beherrscht zu haben. Wer also Zerfleischungen durch riesige Gottesanbeterinnen mag, wird an dem Buch seine Freude haben. Jeder andere eher nicht.

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