Horror Cinema

Das Genre des Horrorfilmes hat bekanntlich einen ambivalenten Ruf, werden seine Vertreter doch von so manchen als bloßer Schund, wenn nicht gar gefährlich aufgefasst. Jene Kritiker wird man schwerlich belehren können, doch zum Glück gibt es andere Experten, die sich dieser Filmgattung mit mehr Professionalität nähern. Einen breiten Rundumschlag nimmt dabei das dicke Werk „Horror Cinema“ des TASCHEN-Verlags vor. Reich illustriert mit zahlreichen Szenenbildern und historischen Filmplakaten gibt dieses auf 640 Seiten zunächst einen Überblick über die wichtigsten Untergenres des filmischen Horrors (darunter etwa „Slasher und Serienmörder“, „Kannibalen, Freaks und Hinterwäldler“, „Die Lebenden Toten“ und sogar „Ungeheuer in Frauengestalt“), wobei die wichtigsten Titel angeschnitten werden. Die zweite Hälfte dann behandelt insgesamt 50 Musterbeispiele des Horrorfilms genauer, wobei die gesamte Vielfalt des Genres abgebildet wird: So reicht der Bogen von Schwarzweiß-Klassikern wie „Nosferatu“ und „Frankenstein“ über „Psycho“ und „Der Exorzist“ bis hin zu modernen Vertretern wie „Scream“, „The Sixth Sense“ und „Blair Witch Projekt“. 2017 veröffentlicht, ist das Buch damit sogar annähernd auf dem Stand der Zeit, obgleich es nie lange dauert, bis ein solches Werk wieder teilweise veraltet ist.
Es versteht sich wohl von selbst, dass ein Werk mit so vielen Unterkapiteln und Informationen schwerlich am Stück durchzulesen ist – nichtsdestotrotz jedoch gelingt den Autoren ein sehr flüssiger und gut zu lesender Stil, bei dem einzig die zahlreichen Bildunterschriften den Lesefluss stören. Ein ambivalenter Aspekt ist indes das Bemühen, bei den meisten behandelten Filmen nicht zu „spoilern“, sprich das Ende nicht zu verraten – einerseits erhält es zu einem gewissen Grad die Spannung, wenn man die Filme noch nicht gesehen hat, andererseits (etwa bei „Psycho“) behindert der Verzicht auf Offenbarung der Endpointe mitunter die Analyse. Unvermeidlich ist leider, dass all die Filmvorstellungen, schon allein dem Umfang geschuldet, oberflächlich bleiben müssen und somit mitunter eher wenig Neues bringen. Zudem ein wenig amüsant bleibt das Bemühen der Artikel, jeden einzelnen Film besonders zu loben (bei der Auswahl von Klassikern natürlich berechtigt) und auf den noch immer vorhandenen Horror-Faktor hinzuweisen (oft genug Ansichtssache).
Das mögen gewisse Kritikpunkte sein, doch sie verblassen angesichts der generellen Qualität des Buches. Wirklich hochwertig ist es durch die vielen Bilder, repräsentativ indes durch den breiten Schnitt durch Zeiten und Subgenres. Zumindest zum Teil dürfte es auch Horrorfilmkennern noch neues bringen – und seien es nur nebensächliche Filmerwähnungen wie die der skurrilen Nosferatu-Adaption „Shadow of the Vampire“. Auf jeden Fall ist und bleibt es ein hervorragendes Übersichtswerk über Geschichte und Perlen des Horrorfilms von den Anfängen bis zu den 2000ern.

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