Geköpft und gepfählt: Archäologen auf der Jagd nach den Untoten

Nicht erst seit den „Vampir-Epidemien“ des 18. Jahrhunderts, die in ganz Europa Wissenschaft wie Dichtung beflügelten, fürchtet der Mensch die Wiederkehr der Toten. Vielmehr scheint da Motiv des Untoten, der in böser Absicht sein Grab verlässt, ein universelles Phänomen zu sein, wie Angelika Franz und Daniel Nösler in ihrem Buch „Geköpft und gepfählt – Archäologen auf der Jagd nach den Untoten“ beweisen. Während es auf dem Markt schon so einige Werke gibt, die den Vampirglauben Osteuropas in all seiner Vielschichtigkeit behandeln, stellt dieses (nach eigener Aussage erstmalig) die archäologische Situation in ganz Europa dar. Tatsächlich nämlich finden sich schon seit der Steinzeit immer wieder Gräber, bei denen die Hinterbliebenen offenbar eine Rückkehr der Toten zu verhindern suchten, etwa durch schwere Steine, Fesseln, Enthauptungen oder Pfählungen – alles Methoden, wie man sie auch aus den Schriften und Sagen kennt. Zahlreiche dieser Funde aus etlichen Jahrhunderten und verschiedenen Ländern (viele auch aus Deutschland) beschreiben die Autoren – freilich ohne dass es durch die Masse ähnlicher Fälle langweilig wird. Hinzu kommen Abschnitte, die, soweit heute noch belegbar, die kulturhistorischen Parallelen aufzeigen – etwa die bekannten Berichte bezüglich Vampiren, das Vorkommen von Untoten in den nordischen Sagas und stichprobenweise Sagen aus Mittelalter und Antike. Nicht zuletzt werden auch Fälle aus relativ moderner Zeit sowie (knapp) Sagentraditionen aus anderen Weltteilen behandelt.
Es ist klar, dass man bei der Fülle von Material unmöglich die Gesamtheit des Untoten-Phänomens abdecken kann, also bleiben eben erwähnte Anekdoten nur einige von vielen. Doch der Kern des Buches ist schließlich die archäologische Dimension – und die wird mehr als umfangreich dargelegt, dabei auch kritisch und differenziert bei der Interpretation. Flüssig und unterhaltsam ist das Werk dabei zu lesen, die archäologischen Details tun dem keinen Abbruch. Positiv anzumerken ist außerdem das umfangreiche Quellenverzeichnis. Das ergibt im Endeffekt eine nur allzu informative Studie über ein unerwartet verbreitetes Phänomen, angereichert mit zahlreichen Ausblicken auf die historisch bzw. philologisch fassbare Seite der Medaille.

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